Vor langer, langer Zeit amtierte in Tonndorfs Pfarre ein gelehrter Mönch aus dem Peterskloster in Erfurt. Die Urkunden nennen uns seinen Vornamen und reden reden von dem Pater Dietericus de Tuncdorp. Als Dominus, Herr, wird er bezeichnet, was als hohe Standesbezeichnung im Mittelalter galt. Manche sind der Ansicht, dass er der Familie der Burggrafen von Kirchberg entstammte, welche die Niederherrschaft Kranichfeld besaßen, in der der Vorname Dietrich erblich war. Wegen einer raschen unüberlegten Tat sei er als Sühne ins Kloster gegangen. Er war ein großer starker Mannn, ebenso furchtlos und ein Kämpfer für die Kirche. Die Weisse Frau im kleinen Turm
Bei den Mönchen in Muncheszella an der Ilm war er ein gern gesehener Gast. Ob er dort nur betete und die Fastenübungen mitmachte, oder ob auch er herausgefunden hatte, dass der hochwürdige Abt von Muncheszella die schönsten Forellen in seinen Teichen hatte und zur besseren Verdauung dieser edlen Tiere einen hervorragenden Klosterwein hütete, der nicht auf thüringer Bergen gewachsen war, sagen die Chronisten nicht.
Einst kehrte Pater Dietericus zu später Stunde vom Kloster nach Tonndorf zurück. Als er aus dem Walde, die Hardt genannt, heraustrat, sah er im Lichte des Vollmonds die Burg auf der Höhe liegen. Er gedachte, wie einst an derselben Stelle der Graf von Orlamünde seine Feste erschaute, wie er voll Glück und Freude gewesen, nun bald sein trautes Weib umarmen zu können, wie er dann erschlagen wurde und seitdem die weiße Frau umgehe. Was sein Geist erdacht hatte, sah er im Weiterschreiten mit seinen Augen. Er sah von der Zinne der Burg eine weiße Gestalt herabschweben, sah sie bei den Sühnekreuzen haltmachen, und dann geradezu auf die Kirche gehen, die am Ende des Dorfes lag.